Inbound vs. Outbound Recruiting: Was ist der Unterschied und ist eines besser als das andere?
Lieber Talente mit SEO-optimiertem Content anziehen oder sie direkt auf LinkedIn anschreiben? Besser auf den Pull-Effekt von Markenbotschaftern in sozialen Medien setzen oder das Geld in Stellenanzeigen stecken? Seit längerer Zeit kursieren viele Diskussionen um die Vor- und Nachteile der beiden Recruiting-Ansätze, die sich hinter den Begriffen Inbound- und Outbound-Recruiting verbergen.
Inhalt
1. Was ist der Unterschied und ist eines besser als das andere?
2. Für welche Anwendungen ist nun welcher Ansatz besser?
3. Wie fängt man mit Inbound Recruiting an, wenn man bisher nur Outbound Recruiting betrieben hat?
4. Checkliste: Brauchen wir schon jetzt ein CRM-System?
5. Wie loslegen? 5 Tipps für den Start ins proaktive Recruiting!
Die Begriffe würde ich zunächst einmal wie folgt abgrenzen:
Outbound Recruiting: Es ergibt sich ein spontaner Bedarf und du musst kurzfristig handeln. Wir suchen gezielt für bestimmte Stellen und wollen direkt in die Bewerbungsphase eintreten. (z.B. Stellenanzeigen, Active Sourcing, Headhunter)
Inbound Recruiting: Hier handelt es sich um eine langfristige Investition in das Recruiting und Employer Branding. Wir treten als Unternehmen so lange mit einem Kandidaten in Kontakt, bis er über die Stationen Attract, Engage und Convert zum Bewerber wird. (z.B. langfristiges Beziehungsmanagement, relevanter Content, Markenbotschafter)
Ein kleiner Spoiler vorab: Wie so vieles andere im Geschäftsleben ist die Sache nicht nur Schwarz oder Weiß. Beide Perspektiven haben ihre Berechtigung und Anwendungsfelder. Wichtiger ist, dass Unternehmen zu einem proaktiven Recruiting-Mindset gelangen. Am Ende ist es ganz gleich, wie die Kontakte (Leads) entstehen: Resultiert aus ihnen keine Einstellung (z.B. weil der Zeitraum nicht passt oder es derzeit keine vakante Stelle gibt), sollte das nicht das Ende der Beziehung sein. Ihr solltet es den Kollegen aus dem Marketing gleichtun, die relevanten Kontakte nicht durchs Raster fallen lassen und Beziehungen über einen längeren Zeitraum aufbauen – denn so wie sich diese gewachsenen Kontakte im Marketing später in Deals niederschlagen, wird es sich für Recruiter in Form konkreter Neubesetzungen lohnen!
Im Jahr 2019 sind noch viele HR Abteilungen reaktiv unterwegs. Sie starten, sobald der Fachbereich mit einem Bedarf auf sie zukommt. Wer sich jetzt angesprochen fühlt, wird das ungerne lesen: Das reicht bei weitem nicht mehr aus.
Für welche Anwendungen ist nun welcher Ansatz besser?
Kommt darauf an! Bei einer sehr speziellen Stelle, etwa „Internal Auditor für IT“, welche nur alle zehn Jahre zu besetzen ist und deren strategische Relevanz nicht überdurchschnittlich hoch ist, kann man mit Outbound Recruiting gut arbeiten. Die meisten Unternehmen haben jedoch zentrale Schlüsselpositionen, die schwer zu besetzen sind, oft ausgeschrieben werden und strategisch relevant sind. Hierfür ist der Outbound Ansatz nur Plan B und wir haben idealerweise bereits einen Talent Pool und eine Arbeitgebermarke mit Anziehungskraft. Nur wenn wir dann keine passenden Kontakte haben, müssen wir konkret auf Kandidaten zugehen. Und das bitte proaktiv in sozialen Netzwerken, statt ausschließlich mit Stellenanzeigen. ‚Post and Pray‘ – posten und hoffen, dass sich jemand bewirbt – hat als Universallösung ausgedient.
Wie fängt man mit Inbound Recruiting an, wenn man bisher nur Outbound Recruiting betrieben hat?
1. Werbt nicht um Talente, sondern zieht sie an
In dem Buch „Big Five for Life“ habe ich letztens eine tolle Metapher gelesen: Zebras sind Rudeltiere. Sind sie alleine unterwegs, schließen sie sich einem Zebrarudel an – einer Gruppe Gleichgesinnter. Bei uns Menschen ist das nicht anders, wir arbeiten gerne mit Kollegen zusammen, die ähnlich ticken. Jetzt schlägt jeder Diversity-Beauftragte die Hände über dem Kopf zusammen. Mit Gleichgesinnten meine ich bewusst nicht homogen oder ähnlich, denn heterogene Teams sind klar die Effizienteren. Ich meine damit eine andere Anziehung. Unternehmen müssen
- sichtbar machen, für was sie stehen.
- ihren „Reason Why“ erklären.
- die Kultur, Werte, die Art und Weise der Zusammenarbeit glaubwürdig zeigen.
- ihre Vision und Ziele klar erklären.
Analog zur Tierwelt: Zeigt, dass ihr ein Zebra seid und nichts anderes, und wenn du, lieber Bewerber auch ein Zebra bist, dann schließ dich unserer Gruppe an. Dieser „Cultural Fit“ wird immer wichtiger, denn wir müssen Menschen einstellen, die kulturell zu uns passen, ihnen viel Freiraum geben und sie nicht mit Geld motivieren, sondern mit einem Umfeld, in dem sie sich wohlfühlen. Es ist erstaunlich wie schnell sich Menschen Teil einer Sache fühlen, wenn sie ihnen wichtig ist und sie einen Teil dazu beitragen können. Deshalb: Entwickelt „Personas“ für eure wichtigsten Zielgruppen und Schlüsselfunktionen, habt ein klares Bild von den Kandidaten, die ihr sucht und erstellt auf dieser Grundlage relevante Botschaften, welche eure Kultur, Werte, das Miteinander und die Benefits sichtbar machen. Und die Kommunikation überlasst ihr am besten euren Mitarbeitern, das ist viel authentischer und zieht die richtigen Talente an!
2. Bleibt an ihnen dran
Sobald Kandidaten einmal Interesse zeigen (Besuch der Karriereseite, Lesen eines Blogartikels, Besuch eines Events, etc.) bleibt mit ihnen in Kontakt! So viele Unternehmen machen den Fehler, dass sie Talente auf sich aufmerksam machen, und dann nichts mehr von sich hören lassen, weil sie die Position vielleicht schon erfolgreich besetzen konnten. An dieser Stelle kommt man ohne die richtigen Systeme und Tools nicht weiter: Es braucht eine authentische Karriereseite mit spannendem Content – und ein CRM-System, um Beziehungen aufzubauen. Die Rede ist von Candidate Relationship Management. Mit dieser Software lassen sich Kontakte zu Talenten (Leads) generieren und in Talent Pools organisieren. Schneller und einfacher als mit Excel. Auch als kleines Recruiting-Team könnt ihr so mit einer Vielzahl an Kontakten kommunizieren, weil das System diese Abläufe automatisiert. Auch das ist eine Innovation, die aus dem Marketing kommt. Ähnlich wie potentielle Kunden werden Talente immer mehr vom Unternehmen überzeugt und nach einer gewissen Zeit „bereit“ für den Einstieg.
Checkliste: Brauchen wir schon jetzt ein CRM-System?
Ich bin ganz ehrlich, nicht jede HR-Abteilung benötigt direkt ein CRM-Tool oder muss mit Inbound Marketing starten. Stellt euch folgende Fragen und wenn ihr den Großteil mit einem Ja beantwortet, solltet ihr die Einführung eines CRM-Tools unbedingt in Betracht ziehen:
- Sucht ihr bereits aktiv nach Kandidaten in sozialen Netzwerken?
- Sammelt Ihr Informationen von Kandidaten in Excel-Listen?
- Arbeiten bei euch mehrere Recruiter zusammen?
- Gibt es hard-to-fill Jobs?
- Musst du zur Kandidatenansprache manuelle Emails, Templates und Workflows basteln?
- Habt ihr bereits einige Profile in eurem Bewerbermanagementsystem „herumliegen“?
- Nutzt ihr Online-Kampagnen oder Offline-Events und wisst nicht was ihr mit den generierten Leads machen sollt?
Wie loslegen? 5 Tipps für den Start ins proaktive Recruiting!
Wie kommt man zu den Personen, die gerade gar nicht nach einem Job suchen, aber für ein Angebot offen sind? Hier gibt es fünf wichtige Tipps:
1. Macht Mitarbeiter zu Markenbotschaftern
2. Gebt Einblicke in eure Kultur – am besten über soziale Netzwerke
3. Gestaltet eine authentische Karriereseite
4. Baut mit einem CRM hochwertige Talent Pools auf, macht den Pool-Registrierungsprozess so einfach wie möglich und nutzt automatisierte Kampagnenfunktionen, um den Aufwand im HR-Team zu reduzieren
5. Messt eure Erfolge anhand klar definierter KPIs
Fazit
Im Jahr 2019 werden wir ohne proaktives Recruiting nicht mehr auskommen, denn wir müssen mit dem Rekrutieren neuer Talente bereits dann starten, wenn der Kandidat noch gar nicht auf die Idee kam sich zu bewerben. Es ist für viele Unternehmen sicherlich kein Katzensprung, Inbound Recruiting einzuführen und Talent Pools aufzubauen. Aber wie schon Nelson Mandela gesagt hat: „It always seems impossible until it´s done“.